Mitte November, als die Tage bereits deutlich kürzer wurden und die Saison sich ihrem Ende näherte, stand traditionell ein Wettbewerb im Mittelpunkt: der Deutsche Länderpokal. Am 15. und 16. November 2025 wurde die Boulehalle Gersweiler erneut zum Treffpunkt der besten Spielerinnen und Spieler des Landes. Das Turnier, das seit 1992 ununterbrochen (bis auf 2020) ausgetragen wird, zählte auch 2025 zu den prestigeträchtigsten Veranstaltungen im deutschen Pétanque-Kalender und zeigte einmal mehr die Leistungsfähigkeit der zehn Landesverbände.
Historisches zum Länderpokal:
Austragungsorte, Platzierungen und die Historische Rangliste seit 1992
| Jahr | Austragungsort | Titelträger | 2. Platz | 3.Platz |
|---|---|---|---|---|
| 2025 | Gersweiler | Baden-Württemberg | Rheinland-Pfalz | Hessen |
| 2024 | Gersweiler | Baden-Württemberg | Rheinland-Pfalz | Saarland |
| 2023 | Düsseldorf | Baden-Württemberg | Hessen | Niedersachsen |
| 2022 | Düsseldorf | Bayern | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen |
| 2021 | Diefflen | Baden-Württemberg | Saarland | Bayern |
| 2020 | ||||
| 2019 | Heerlen (NL) | Bayern | Saarland | Baden-Württemberg |
| 2018 | Heerlen (NL) | Nordrhein-Westfalen | Bayern | Niedersachsen |
| 2017 | Heerlen (NL) | Baden-Württemberg | Niedersachsen | Saarland |
| 2016 | Düsseldorf | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen | Saarland |
| 2015 | Düsseldorf | Saarland | Rheinland-Pfalz | Baden-Württemberg |
| 2014 | Gersweiler | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Hessen |
| 2013 | Düsseldorf | Baden-Württemberg | Hessen | Nordrhein-Westfalen |
| 2012 | Düsseldorf | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg |
| 2011 | Rastatt | Baden-Württemberg | Hessen | Niedersachsen |
| 2010 | Düsseldorf | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen | Saarland |
| 2009 | Osterholz | Baden-Württemberg | Niedersachsen | Nordrhein-Westfalen |
| 2008 | Rastatt | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen | Rheinland-Pfalz |
| 2007 | Rastatt | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen | Bayern |
| 2006 | Hungen | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg | Niedersachsen |
| 2005 | Hungen | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen | Hessen |
| 2004 | Gersweiler | Hessen | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen |
| 2003 | Hungen | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg | Hessen |
| 2002 | Hungen | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg | Hessen |
| 2001 | Hungen | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg | Nord |
| 2000 | Hungen | Nordrhein-Westfalen | Hessen | Berlin |
| 1999 | Bochum | Hessen | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg |
| 1998 | Bochum | Nordrhein-Westfalen | Hessen | Saarland |
| 1997 | Hungen | Nordrhein-Westfalen | Berlin | Baden-Württemberg |
| 1996 | Krefeld | Saarland | Nordrhein-Westfalen | Baden-Württemberg |
| 1995 | Offenburg | Baden-Württemberg | Nordrhein-Westfalen | Saarland |
| 1994 | Viernheim | Nordrhein-Westfalen | Hessen | Saarland |
| 1993 | Krefeld | Nordrhein-Westfalen | Hessen | Saarland |
| 1992 | Essen | Nordrhein-Westfalen | Hessen | Saarland |
Pétanque im Deutschen Länderpokal: Die Geschichte zweier Dynastien
Der Deutsche Länderpokal zählt seit Jahrzehnten zu den prestigeträchtigsten Mannschaftswettbewerben im deutschen Pétanque. Er ist Schaufenster der Landesverbände, Gradmesser sportlicher Entwicklungen und Bühne für Spielerinnen und Spieler, die oft später in Nationalkadern landen.
Blickt man auf die Titelhistorie seit den frühen 1990er Jahren, zeigt sich ein eindeutiges Muster: Die Geschichte des Länderpokals ist vor allem die Geschichte zweier Epochen – der Dominanz Nordrhein-Westfalens und der anschließenden Ära Baden-Württembergs.
Die NRW-Dynastie: 1992–2004
In den Anfangsjahren nach der Neustrukturierung des Wettbewerbs setzte Nordrhein-Westfalen Maßstäbe, an denen sich andere Landesverbände jahrelang orientieren mussten. Zwischen 1992 und 2004 holte NRW zehn von dreizehn möglichen Titeln – eine Erfolgsquote, die bis heute unerreicht ist.
Diese Phase zeichnete sich nicht nur durch herausragende Einzelspieler aus, sondern vor allem durch eine bemerkenswerte Kadertiefe. Von etablierten Spitzenspielern bis hin zu ambitionierten Nachwuchstalenten konnte NRW Jahr für Jahr Teams stellen, die technisch präzise, taktisch stark und mental stabil auftraten. Zudem profitierten die NRW-Teams von einer gewachsenen, lebendigen Boule-Szene, die durch zahlreiche Vereine und Turniere eine konstante Leistungsbasis bot.
Gleichwohl gab es in diesen dreizehn Jahren drei Ausnahmen, in denen andere Landesverbände an NRW vorbeizogen – doch diese Momente blieben eher Fußnoten in einer ansonsten dominanten Ära. Für viele Beobachter war NRW damals das Maß aller Dinge, ein sportlicher Riese, der die nationale Wettbewerbsszene prägte.
Die Baden-Württemberg-Ära: 2007–2025
Mit dem Beginn der späten 2000er Jahre verschoben sich die Kräfteverhältnisse grundlegend. Nach einer Übergangszeit übernahm Baden-Württemberg ab 2007 die Spitzenposition im Länderpokal – und hält sie bis heute mit beeindruckender Konstanz.
Seit 2007 gewann Baden-Württemberg acht Titel, besonders viele davon in den 2010er Jahren und erneut in der jüngsten Dekade. Die Gründe für diese nachhaltige Erfolgsgeschichte liegen in einem exzellent organisierten Verband, einem starken Vereinsnetzwerk und langfristiger Talentförderung.
Auffällig ist vor allem die jüngste Erfolgsserie: Zwischen 2021 und 2025 holte BW vier von fünf Titeln und festigte damit seinen Ruf als dominanter Verband der modernen Pétanque-Ära.
Baden-Württemberg profitiert darüber hinaus von einer ausgeprägten sportlichen Kultur im Südwesten, in der Pétanque weit verbreitet ist – sowohl als Freizeit- als auch als Leistungssport. Die kontinuierliche Arbeit in Jugend- und Kaderstrukturen hat über die Jahre ein stabiles Leistungsniveau geschaffen, das auf Bundesebene kaum zu schlagen ist.
| Position | Landesverband | Titelträger | 2. Plätze | 3. Plätze | Podium |
|---|---|---|---|---|---|
| 1. | Baden-Württemberg | 13 | 7 | 3 | 23 |
| 2. | Nordrhein-Westfalen | 11 | 9 | 3 | 23 |
| 3. | Hessen | 2 | 8 | 5 | 15 |
| 4. | Saarland | 2 | 2 | 8 | 12 |
| 5. | Niedersachsen | 2 | 2 | 4 | 8 |
| 6. | Bayern | 2 | 1 | 2 | 5 |
| 7. | Rheinland-Pfalz | 0 | 3 | 1 | 4 |
| 8. | Berlin | 0 | 1 | 0 | 1 |
| 9. | Nord | 0 | 1 | 0 | 1 |
Besonderheiten, Rekorde & Kuriositäten beim Deutschen Länderpokal Pétanque
Der Deutsche Länderpokal im Pétanque bietet seit vielen Jahren eine Fülle an besonderen Momenten, kuriosen Statistiken und sportlichen Überraschungen. Besonders auffällig ist das Jahr 2020, das in den Ergebnislisten völlig leer bleibt. Die Pandemie legte den gesamten Wettkampfbetrieb lahm – ein einmaliges Ereignis, das die Chronik des Wettbewerbs bis heute sichtbar prägt. Eine andere Kontinuitätsgeschichte erzählt das Saarland: Mit acht dritten Plätzen hat sich das Team zum unangefochtenen „Bronze-König“ entwickelt. Auch Niedersachsen sorgte für einen besonderen Akzent: Der Außenseitersieg 2014 in Gersweiler zählt bis heute zu den überraschendsten Triumphen der jüngeren Länderpokalgeschichte. Gleich drei Jahre in Folge dominierte hingegen Nordrhein-Westfalen in Hungen, wo NRW von 2001 bis 2003 eine seltene Titel-Trilogie am gleichen Austragungsort feiern konnte. In jüngerer Zeit glänzte vor allem Baden-Württemberg, dem 2024 und 2025 in Gersweiler eine erfolgreiche Titelverteidigung gelang.
Doch nicht nur Teams, auch Austragungsorte zeigen auffällige Muster. Düsseldorf etwa gilt inzwischen als ein echter Erfolgsort für Baden-Württemberg: Mehrfach – darunter 2010, 2013 und 2016 – holten die Südwestdeutschen dort den Titel, was dem eigentlich neutralen Standort fast eine Art „heimischen“ Charakter verleiht. Hungen wiederum ist so etwas wie die Festung von NRW, denn dort gewann Nordrhein-Westfalen fünf Meisterschaften und erreichte weitere Podiumsplätze – ein Ort, der offenbar perfekt zur Spielweise des Teams passt. Und dann gibt es noch Heerlen in den Niederlanden, das als internationale Ausweichstation dreimal Gastgeber war. Bemerkenswert ist die komplett ausgeglichene Bilanz: Je ein Sieg für Baden-Württemberg, Bayern und NRW – ein Standort ohne klaren Favorit.
Neben all diesen Geschichten liefern die Statistiken weitere interessante Fun Facts. NRW und Baden-Württemberg dominieren gemeinsam den Länderpokal wie kein anderes Duo und vereinen rund drei Viertel aller Titel auf sich. Das Saarland bleibt der ewige Dritte, während Niedersachsen zwar selten Gold holt, aber mit insgesamt zwölf Podiumsplatzierungen zu den konstant starken Mannschaften gehört. Berlin hingegen taucht mit nur einem Podium in der gesamten Historie so gut wie nie auf. Ein kleiner sportlicher Zufall am Rande: Die Finalteams von 2025 waren exakt dieselben wie 2024 – Baden-Württemberg und Hessen standen erneut gegenüber. Und nicht zuletzt scheint Gersweiler zu einem echten Glücksort für Baden-Württemberg geworden zu sein: Mit den Siegen 2024 und 2025 sowie einem zweiten Platz 2014 verbindet das Team mit diesem Standort eine auffällig erfolgreiche Geschichte.
Der Austragungsort: Gersweiler als verlässliche Bühne
Die Boulehalle im Saarbrücker Stadtteil Gersweiler hatte sich auch in diesem Jahr als idealer Austragungsort erwiesen. Die Anlage überzeugte mit professionellen Spielbedingungen und einer Atmosphäre, die von vielen Teams für ihre Mischung aus Konzentration und Publikumsnähe geschätzt wurde.
Wie bereits im Vorjahr war ein großes Außenzelt errichtet worden, um genügend Spielflächen für den aufwendigen Turniermodus bereitzustellen. Die Organisatoren des Saarländischen Boule-Verbandes bewiesen erneut ihre Routine und Flexibilität und sorgten dafür, dass der Ablauf reibungslos funktionierte.
Der Modus: 225 Spiele voller Intensität und taktischer Finesse
Auch 2025 trat jeder Landesverband mit fünf Teams in den Kategorien Jugend, Espoirs, Frauen sowie zwei Senioren-Mannschaften an. Diese Vielfalt verlieh dem Länderpokal seinen besonderen Charakter und spiegelte die gesamte Breite des deutschen Pétanque-Leistungssports wider.
Über zwei Tage hinweg wurden neun Runden gespielt – sechs am Samstag, drei am Sonntag. In jeder Runde standen fünf Triplette-Partien pro Begegnung auf dem Programm, sodass am Ende insgesamt 225 Spiele absolviert wurden. Die hohe Anzahl an Partien verlangte allen Beteiligten viel Konzentration, Kondition und taktische Raffinesse ab. Insbesondere die späteren Runden waren geprägt von engen Spielständen und Entscheidungen, die oft buchstäblich an einer Kugel hingen.
Atmosphäre und Bedeutung: Ein Treffen der Pétanque-Familie
Wie in jedem Jahr war der Länderpokal nicht nur ein sportlicher Wettkampf, sondern auch ein wichtiges Treffen der deutschen Pétanque-Szene. Zwischen den Spielen bot sich Raum für Gespräche, Beobachtungen und Austausch über Entwicklungen in den Landesverbänden.
Für viele junge Spielerinnen und Spieler war Gersweiler zudem eine Bühne, auf der sie ihr Potenzial unter Beweis stellen konnten. Zahlreiche Talente empfahlen sich durch starke Leistungen für weitere Aufgaben und machten auf nationaler Ebene auf sich aufmerksam.
Ein Wettbewerb im Wandel
Die Entwicklung des Länderpokals zeigt exemplarisch, wie sich Pétanque in Deutschland professionalisiert hat. Während NRW in den 1990er und frühen 2000er Jahren den Ton angab, steht BW heute an der Spitze – und die Frage, ob in den kommenden Jahren ein anderer Verband eine eigene Ära einläuten kann, bleibt offen.
Sicher ist jedoch:
Die Geschichte des Deutschen Länderpokals ist eine Geschichte des Wandels – und des permanenten Ringens um die Vorherrschaft im deutschen Pétanque.
